Alfa 156 Crosswagon 1.9 JTDm Q4 - Er war er Erste!
- alfaromeoliebe
- 17. Feb. 2021
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. März 2021

Historie und Design
Der Alfa Romeo Crosswagon ist der absolute Exot der Baureihe des Alfa 156. Sieht man einmal vom für das Militär und als reines Nutzfahrzeug konzipieren Alfa Romeo Matta der 1950er Jahre ab, war der Alfa Crosswagon tatsächlich das erste SUV von Alfa Romeo, als er 2004 das Licht der Welt erblickte.
Da der Crosswagon mittlerweile im Jahr 2021 nahezu vollständig aus dem Straßenbild verschwunden ist und ihn nur wenige kennen, wird gerne behauptet, dass der aktuelle Alfa Stelvio das erste SUV der Marke sei. Natürlich gibt es bei der Definition eines SUV einen gewissen Spielraum. Für mich steht aber fest, dass der Crosswagon der erste war und Alfa Romeo damit seiner Zeit Mitte der 90er Jahre weit voraus. Ein Absatz-Hit wurde er nicht und die Stückzahlen blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Die Gemeinde der Alfa Romeo Kunden und auch der Rest des europäischen Marktes waren noch nicht für ein solches Modell bereit und so wurde er auch nur bis zum Jahr 2007 gebaut. Viele verstanden ihn nicht und fanden ihn unnötig und hässlich. Andere liebten ihn innig und wollten ihn nicht mehr hergeben, wenn sie ihn erst einmal besaßen. Zu Letzteren zähle auch ich.
Die Baureihe 156 war für Alfa eine der erfolgreichsten Baureihen überhaupt und brachte grundsätzlich eine Stufenheck-Limousine und einen Kombi hervor. Es gab zwei Serien, die am deutlichsten an der Front zu unterscheiden sind. Die erste Serie trug ein kleineres Scudetto mit dem Markenemblem als Nase sowie andere Scheinwerfer und Lufteinlässe als die zweite Serie. Von 2003 bis 2005 war die zweite Serie verfügbar, an die der Designer Giugiaro seine meisterhafte Hand gelegt hatte, was auch unter den Seitenblinkern der vorderen Kotflügel mit einem Schriftzug verewigt wurde. Meiner Meinung nach ist die zweite Serie die optisch schönere von beiden. Sie war neben dem genannten Schriftzug an einem wesentlich größeren Scudetto, moderner anmutenden Scheinwerfern und einer horizontalen Sicke an der Abschlusskante des Kofferraumdeckels erkennbar, sowohl bei der Limousine als auch beim Kombi.
Den Alfa Crosswagon gab es ausschließlich im Giugiaro Design als Kombi. Zudem war das Fahrwerk höher gelegt und mit einem wesentlich größeren Gesamtdurchmesser der Rad-Reifen-Kombination ausgestattet, was den SUV-Charakter prägte. Weitere SUV-Elemente waren jeweils ein aluminiumfarbener Unterfahrschutz an der Front und am Heck. Zudem waren die Seitenschweller ebenfalls mit aluminiumfarbenen Leisten abgesetzt.
Die konfigurierbaren Ausstattungsvarianten waren gering aber sinnvoll. Es gab für den Crosswagon nur einen Motor, nämlich den 1.9 Liter JTDm mit munteren 150 Turbo-Diesel-PS. Ein Millionenfach bewährter Konzernmotor und bei guter Wartung ein extrem zuverlässiger Langläufer, für den Laufleistungen von weit über 300.000 km kein Problem sind. Es gab nur eine 17-Zoll vielspeichen Alu-Felge für den Crosswagon und nur die Radgröße 225/45/17 ab Werk zu bestellen. Ansonsten hatte man bei der Karosserie nur die Wahl zusätzlich ein Schiebedach zu ordern und sich für oder gegen Xenonscheinwerfer zu entscheiden - das war es.
Beim Innenraum hatte man die Wahl zwischen Leder oder einem alcantara-ähnlichen Stoffbezug, beides in unterschiedlichen Farben. Auch CD-Wechsel mit und ohne Navi konnte man wählen. Wie alle Giugaro-Versionen des 156er hielt auch im Crossi ein auf dem mittleren Armaturenbrett aufgesetztes Multifunktionsdisplay Einzug, an dem man die unterschiedlichsten Informationen abrufen konnte. Erwähnenswert sind die wunderschönen zahlreichen Außenlackierungen, die man beim Crosswagon bestellen konnte. Ganz besonders gefallen mir dabei das Braunmetallic, das Grünmetallic und das Blaumetallic. Das sind auch heute die gesuchtesten Modelle. Insgesamt ist der Crosswagon ein sehr schickes und stilvolles Auto.
Technik und Motor
Technisch war der Crosswagon ein Leckerbissen. So verfügte er serienmäßig an der Vorderachse über eine große Brembo-Bremsanlage und war serienmäßig mit dem Alfa Q4-Allradantrieb ausgestattet. Der permanente und nicht abschaltbare Allradantrieb war im Normalbetrieb hecklastig ausgelegt und trieb mit 80 % die Hinterräder an. Wenn es die Fahrsituation erforderlich machte, wurde mehr Antriebskraft an die Vorderräder übertragen, bis maximal 50 %. Diese Antriebsabstimmung macht einen Großteil der Fahrfreude beim Crosswagon aus. Er fährt sich tatsächlich sehr sportlich und es lassen sich narrensicher auch hohe Kurvengeschwindigkeiten realisieren, da auch das ganze Fahrwerk – trotz der Höherlegung um 6,5 cm – sehr sportlich abgestimmt ist. Bei Nässe und im Schnee ist er sensationell und ein echter Zugewinn an Sicherheit und Traktion. Ich bin mit dem Crossi komplett verschneite Hügel hochgeklettert, ohne Problem. Und das, obwohl ich ihn stets mit Ganzjahresreifen gefahren bin. Mit den Reifen geht er übrigens überaus schonend um, 50.000 km sind locker machbar.
Ein Quell der Freude ist der 150 PS starke JTDm Motor, der über ein Drehmoment von 305 Nm verfügt und über ein Sechsganggetriebe geschaltet wird. Mit ihm ist man stets souverän und kraftvoll sportlich unterwegs, auch der Klang ist im Betrieb angenehm voluminös. Ein technischer Gag ist der im Innenspiegel eingeblendete digitale Kompass. Weitere Besonderheiten im Innenraum waren spezielle Uhren in eigenem Stil für Tankanzeige, Uhrzeit und Motortemperatur sowie Geschwindigkeit und Drehzahl. Zudem teilte er sich als einziger mit dem Alfa 156 GTA die Aluminiumpedale und das Multifunktions-Lenkrad. Es konnte auch mit einem edlen Holzkranz geordert werden.
Motorseitig hat mir der Crossi nie Probleme bereitet, einzig ein defektes EGR-Ventil der Abgasrückführung war zu vermelden, was aber zum Komplettausfall des Autos führte. Die Reparaturkosten waren mit rund 350 Euro erträglich. Wie oben beschrieben ist der Motor bei regelmäßiger Wartung, Ölwechsel und Zahnriemenwechsel extrem langlebig. Der Verbrauch beläuft sich im Schnitt auf 7 bis 8 Liter Diesel pro 100 Kilometer, er ist im Unterhalt also recht günstig. Das letzte Modelljahr erfüllte sogar Dank Partikelfilter die Abgasnorm für die grüne Plakette. Für die vorherigen gibt es leider nur die Gelbe.
Schluss mit günstig ist es, wenn die vordere große Brembo-Bremse ersetzt werden muss. Die Kosten sind etwa doppelt so hoch wie bei den normalen 156er Modellen.
Ein teures Problem der Crosswagon Modelle ist die komplette vordere Radaufhängung, also die oberen und unteren Querlenker und die Stabilisatoren sowie die Buchsen. Manche vertreten die Meinung, dass sie stets nach 20.000 km durch sind, unabhängig von der Fahrweise. Von Geländeeinsatz ganz zu schweigen, für den der Crosswagon aber sowieso nur wenig geeignet ist und auch viel zu schade dafür. Ich gehöre aus Erfahrung zu denjenigen, die das behaupten, weil ich es selbst erlebt habe. Die Überholung der vorderen Radaufhängungen geht mit rund 1.600 Euro Kosten richtig ins Geld. Es müssen immer die linke und die rechte Seite gemacht werden. Wer nur eine Seite machen lässt, um Geld zu sparen, spart am falschen Ende, denn die andere Seite folgt auf den Fuß. Ob die Aufhängung fällig ist, lässt sich im Gebrauchtwagencheck auch vom Laien leicht testen: Einfach mit kräftigem Drücken auf die vorderen Kotflügen von oben das Auto ins Schwingen und Wippen bringen. Quietscht und knarzt es, sind sie durch und man hat eine gute Verhandlungsbasis. Im Zweifel auf die Bühne mit dem Schönling und einen Experten von unten schauen lassen. Ohne diesen Test würde ich keinen gebrauchten Crossi kaufen.
Ein weiteres bekanntes Problem sind Undichtigkeiten an der Kardanwelle des Allradantriebs, die zu Austritt von Schmierstoff führen und schnell repariert werden müssen, damit die Welle nicht trocken läuft. Was das Thema Rost angeht, so bin ich zum Glück vollständig verschont geblieben. Aber ein geschulter Blick auf den Unterboden kann grundsätzlich wichtig sein und sollte auf jeden Fall vor dem Kauf gemacht werden.
Marktlage und Verfügbarkeit
Leider ist der Crosswagon auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt so gut wie nicht mehr in kaufbarem Zustand verfügbar. Wie oben erwähnt wurde er nur kurz gebaut und in geringer Stückzahl nachgefragt. Wer einen hat, gibt ihn nicht mehr her, denn er läuft und läuft. Stehen dann solche Modelle zum Verkauf, hat man noch Glück, wenn sie nur um die 150.000 km aufweisen. Die meisten haben tatsächlich zwischen 200.000 und 300.000 km auf dem Buckel. Ich habe auch schon Modelle mit 450.000 km gesehen, die zudem optisch top waren. Grundsätzlich spricht das eine deutliche Sprache hinsichtlich der Haltbarkeit des Crossis, so dass man noch lange Spaß mit ihm haben kann, wenn man einen mit 150.00 km ersteht. Vorausgesetzt er wurde technisch stets fit gehalten. Die meisten findet man im Moment noch in Italien, dort werden sie aber wesentlich teurer angeboten als hierzulande, wenn man hier nur einen finden würde. Ich persönlich suche mittlerweile seit rund 5 Jahren nach einem passenden Modell…
Allgemein ist die Preislage recht gut. Von 2.500 Euro bis 8.000 Euro sind Crossis zu bekommen, wenn man die Suche in Italien mit einbezieht. Aber selbst dann gibt es aktuell nicht mehr als 5 bis 10 Treffer in den Suchportalen, 80 % davon im Ausland.
Deswegen heißt es zuschlagen, wenn ein passendes Modell verfügbar ist, aber nicht vor lauter Verliebtheit vergessen, auf die kritischen Punkte der Technik zu schauen. Und schnell sein muss man dann auch, denn er hat seien Fans, die auch nur darauf warten von ihrem Such-Alarm geweckt zu werden. Überwiegt das Haben-Wollen den technischen Zustand, dann sollte man ihn kaufen und Reparaturen einkalkulieren, ihn fit machen, schonen und nie wieder hergeben. Die Ersatzteillage ist bis auf spezielle Teile der Karosserie und des Innenraums recht gut, insbesondere was den Motor und die Nebenaggregate angeht. Bei allem was Crossi-spezifische Teile sind, wird es auch spezifisch schwierig mit der Beschaffung.
Aufgrund seiner Seltenheit gehe ich davon aus, dass sich jeder Euro lohnt, der in seinen Erhalt gesteckt wird. Ich rechne damit, dass er in den nächsten Jahren kräftig im Wert steigen wird. Für einen guten Alfa-Matta-Jeep muss man heute auch schon 30.000 Euro und mehr hinlegen, und er ist so hässlich.
Der Star auf jeder Alfa-Ausfahrt oder jedem Youngtimer-Treffen ist man mit dem Crosswagon schon heute. „Ich wusste gar nicht, dass Alfa sowas mal gebaut hat“, ist der meistgehörte Satz bei solchen Gelegenheiten.
Für mich ist es einer der schönsten Alfa-Modelle. Ja, ich bin verliebt in ihn und zwar so richtig…mit Gänsehaut, wenn ich nur an ihn denke.
Wenn ihr Fragen habt, schreibt mir gerne unter alfaromeoliebe@gmx.de
Comentarios