Stelvio Veloce 2.0 AT8 280 PS - Der schöne Alleskönner
- alfaromeoliebe
- 17. Feb. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. März 2021

Seit knapp 25 Jahren bin ich vom Alfavirus infiziert. Leider konnte ich diesen in Ermangelung geeigneter Geschäftswagen-Modelle im Hause Alfa Romeo in den letzten Jahren nur im Privatbereich mit einer kleinen Sammlung in der Freizeit ausleben. Da Mito und Giulietta als Firmenwagen nicht in Frage kamen, musste ich mich mit Audi und BMW zufrieden geben. Klar, das hört sich nach Jammern auf hohem Niveau an, aber ich hätte als Vielfahrer mit rund 50.000 km pro Jahr die Zeit schon lieber in meiner Stammmarke verbracht.
Eigentlich wollte ich nie einen SUV fahren, weil mir diese immer zu plump und zu unsportlich unterwegs waren. Aber natürlich schaute ich mir dann doch mal das neue Produkt meiner Lieblingsmarke an und ging mit dem Stelvio auf Probefahrt. Und siehe da, kein träges SUV-Geschaukele und Gehopse und kein Aufleuchten sämtlicher elektronischer Fahrhilfen bei zügiger Kurvenfahrt und in sportlich gefahrenen Autobahnauf- und abfahrten. Vielmehr überzeugte mich der Stelvio sofort damit, dass er sich wie eine Sportlimousine fährt und sich insgesamt auch so anfühlt.
Damit war die Entscheidung getroffen und der Stelvio Modelljahr 2019 im Farbton Marone Basalto (dunkelbraun), braunen Ledersitzen und mit schwarzen Hochglanz- Karosserieapplikationen wurde bestellt. Die Benziner-Version mit Vollausstattung und dem 2.0 Multiair-Motor mit 280 PS sollte es sein. Angesichts eines großzügigen Neuwagenrabattes von FCA und einem ordentlichen Ankaufspreis für meinen BMW, war die Entscheidung auch finanziell leicht. Zumal mein Stelvio vollausgestattet schon zum Listenpreis rund 15.000 Euro günstiger war als ein vergleichbar ausgestatteter BMW X3 oder X4.
Der Umstieg von BMW und Audi auf Alfa Stelvio fällt leicht
Ohnehin sollte jedem BMW-Fahrer der Umstieg hinsichtlich der Bedienung leicht fallen, denn vom Automatik-Joystick über diverse Bedienelement am Lenkrad und sonstigen Tasten sind die Teile nahezu baugleich und die Bedienung identisch. Das gilt auch für Audifahrer, denn auch die werden viele Teile wiedererkennen und sich sofort heimisch fühlen. Logisch, denn die Stammkunden dieser beiden Marken sind ja auch die Alfa-Zielgruppe.
Was der Stelvio natürlich besonders gut kann, ist gut aussehen. Für meine Farbkombination innen und außen in braun-schwarz habe ich viel Zuspruch erhalten, auch von nicht Alfa-Fans, aber das ist ja alles Geschmackssache. Erwähnen möchte ich aber den permanent anerkennenden Zuspruch sowie die Gespräche in die man kommt und in denen es grundsätzlich um das Auto und die Tatsache geht, dass Alfa so etwas baut. Man fährt einen exklusiven, schönen Exoten-SUV, dem stets viel Sympathie und Bewunderung entgegengebracht wird – kein Neid, sondern echtes Interesse. Das freut das Alfafahrer-Herz natürlich. In einem Audi A6 oder einem 5er BMW grüßt man sich nicht gegenseitig, nein, man verwechselt sie auf dem Parkplatz vorm Supermarkt schon mal mit dem eigenen, weil es so viele davon gibt. Mit anderen Worten, ein Stelvio ist nichts für Fahrer, die es schätzen, in der Anonymität unterzugehen.
Ich habe jetzt zweieinhalb Jahren knapp 75.000 km zurückgelegt auf jedem erdenklichen Terrain und in jeder erdenklichen Situation: Unzählige Stunden im Stau beim täglichen Pendeln zur Arbeit, auf Geschäftsreisen, bei Urlaubsfahrten, beim Bummeln und bei der sportlich ambitionierten Landstraßenhatz ebenso wie auf Hochgeschwindigkeitsetappen auf leeren Autobahnen und auch als Lastesel beim Anhängerschlepp - alleine oder mit 4 Personen an Bord und mit vollem Kofferraum.
Und was soll ich sagen? Am besten die Wahrheit, wie mich schon meine Großmutter lehrte: Es ist alles Bestens. Beim Verbrauch hat er sich bei einem Langzeitschnitt von 11,6 Liter Benzin auf 100 km eingependelt, wobei ich nie das Fahrprogramm A (Advanced Efficiency) des Alfa DNA-Systems benutze. Was da passiert oder nicht passiert, mag ich einfach nicht. BMW und Audi brauchten knapp 1 bis 2 Liter Diesel weniger bei identischer Fahrweise, waren dafür aber bei der KFZ-Steuer und der Versicherung deutlich höher eingestuft. Das geht also in Ordnung und wer will, bekommt sicher noch weniger hin.
Mehr geräumiger Sportwagen als SUV
Was ich dafür umso lieber in der Freizeit nutze ist die Fahrstufe D (Dynamic). Da verwandelt sich der Stelvio tatsächlich in einen echten Sportwagen und schöpft seine Leistung voll aus, wobei man Dank der sensationellen Lenkung und der grandiosen Fahrwerks- und Antriebsabstimmung immer sicher unterwegs ist. In dieser Stufe lässt er sogar kontrollierte Drifts zu bis das Q4-Allradsystem dann den ansonsten deaktivierten Allradantrieb zuschaltet und den Vorderradantrieb blitzschnell und ohne jeden Lenkeinfluss ergänzt. Damit steht er sportlichen Modellen von BMW und Audi in nichts nach. Im Gegenteil, die Lenkung ist serienmäßig um Welten besser ohne Aufpreis. Sie lässt sich so extrem feinfühlig, direkt und zielgenau justieren als würde keine Servopumpe den Kontakt zwischen den Fingerspitzen des Fahrers und dem Fahrbahnbelag stören. Den nötigen Seitenhalt bieten die optionalen und sehr empfehlenswerten Sportsitze, die eine hervorragende Langstreckenqualität haben.
Auch das Ansauggeräusch und die Schaltzeiten ändern sich drastisch im D-Modus und geben viel Fahrfreude an den Fahrer zurück, wenn sich beim Beschleunigen die Mundwinkel den Ohren so schnell nähern wie die Drehzahlnadel dem roten Bereich. Dann klingt er auch, wie ein Alfa klingen sollte, ansonsten ist er eher ein Leisetreter. Wer den typischen Alfasound auch im Alltagsgebrauch in Fahrstufe N (Normal) nicht missen möchte, muss nachhelfen, was auch ich getan habe. Die Investition von rund 700 Euro in einen Endschalldämpfer der Firma Ragazzon hat sich mehr als gelohnt und ist ein echter Zugewinn an Fahrspaß. Es ist keine Klappenanlage und das braucht der Geschäftsmann auch nicht, schließlich will man ja mit Understatement vorfahren. Der Sportendtopf produziert im Zusammenspiel mit dem Ansauggeräusch des Motors einen schönen Klangteppich, der von dumpf brabbelnd im Normalbetrieb bis zu heiser trötend im Vollgasbetrieb reicht. Selbstverständlich ohne softwareseitig programmiertes Schaltrotzen, das gehört sich nicht.
Wie sieht es mit den Unterhaltskosten aus? Den Spritverbrauch und die Einstufungen bei Steuer und Versicherung hatte ich schon erwähnt. Der Stelvio muss öfters zur programmierten Wartung als Audi und BMW, nämlich alle 15.000 km. Grund dafür ist das Öl, das bei 280 PS in dem 2-Liter-Motor und in den Turboladern gut zu tun hat. Aber das finde ich nicht schlimm, zumal die Inspektionskosten deutlich günstiger sind als bei Audi und BMW. Viel gruseliger finde ich Longlife-Intervalle, bei denen das Öl bis zu 30.000 km durch den Motor und die Turbos turnt. Mit den Reifen geht er schonend um und auch die Bremsen waren vorne erst nach 60.000 km fällig, hinten sind es noch die ersten. Einen Rückruf gab es wegen der Tankanzeige, aber Rückrufe hatte ich auch bei Audi und BMW. Zudem gab es einen außerplanmäßigen Werkstattaufenthalt wegen eines defekten Partikelsensors, der aber samt des Ersatzwagens auf Garantie ging, die immerhin 4 Jahre ohne Kilometerbegrenzung läuft.
„Distanz zur Masse“ hieß einmal ein Alfa-Slogan, wenn ich mich richtig erinnere. Das gilt im positiven Sinne heute noch hinsichtlich der Optik. Hinsichtlich der Qualität gilt das nicht mehr, denn der Alfa Stelvio hat mit den Massenprodukten von BMW und Audi gleichgezogen, hinsichtlich des Spaßfaktors hat er sie in einigen Punkten sogar überholt!
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